Erleichtert

Vor ein paar Wochen diskutierte ich mit einem Bekannten über unterschiedliche Konzepte von Leitung und verschiedene Führungsstile. Irgendwann fragte er mich, was ich denn tun würde, wenn ich von der Richtigkeit einer bestimmten Sache überzeugt wäre, sich in der Gemeinde aber Bedenken und Widerstand regten. Würde ich die Sache durchziehen oder nicht?

Einerseits kann man auf eine solche hypothetischen Frage nur schwer entworfen, weil viele Situationen ja viel komplexer sind, als er es gerade umrissen hatte. Freilich gibt es in einer größeren Gruppe immer mehr als eine Meinung, zu jedem beliebigen Thema. Und freilich wird mit faulen Kompromissen niemand glücklich. Dennoch fiel mir die Antwort auch wieder leicht: In einer Gemeinde kann man selbst gegen signifikante Minderheiten gar nichts einfach durchdrücken, wenn man sie nicht schwer beschädigen will.

Wenn es aber gelingt, dass wir einander zuhören, und wenn genug Vertrauen da ist, dann lassen sich viele Leute mitnehmen auf einen Weg, der ihnen vielleicht noch nicht ganz geheuer ist. Man einigt sich vielleicht auf ein Experiment und darauf, es gemeinsam auszuwerten, um dann weiter zu sehen. Vielleicht wartet man auch einfach noch eine Weile, bis alle sich entspannt haben, und nimmt das Gespräch dann wieder auf – und zwar ergebnisoffen. Vielleicht holt man einen Moderator hinzu oder schickt ein paar Scouts aus, die mal herumfragen, welche Erfahrungen andere mit einem bestimmten Konzept oder Projekt gemacht haben.

Aber wenn ich mich als Vater schon mit meinen Teenagern darüber einigen muss, wohin wir zusammen in den Urlaub fahren, wie viel mehr muss ich das als Verantwortlicher in einer Gemeinschaft mit Erwachsenen, wenn es darum geht, wie wir unsere Zeit, Kraft und Geld einsetzen.

Irgendwie schien mein Gegenüber nicht mit dieser Antwort gerechnet zu haben. Ich wiederum war froh, nicht in einer Organisation arbeiten zu müssen, die das nicht verstanden hat.

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